Was kann man aus dem Kapitalmarktjahr 2023 lernen?

Dr. Martin Moryson

Das Jahr 2023 konnte die Anleger wieder mit dem Kapitalmarkt versöhnen. Erinnern Sie sich noch an das Jahr 2022? Vermutlich ungern, denn damals konnte man in fast allen Anlageklassen kräftig Geld verlieren. So gaben die Kurse von – vermeintlich sicheren – 10-jährigen Bundessanleihen knapp 20 Prozent nach, der DAX verlor rund 12 Prozent und der S&P 500 über 18 Prozent. Die Kurse von 30-jährigen Bundesanleihen gaben sogar ein Drittel ab. Wer Ende 2022 genervt aus dem Kapitalmarkt ausstieg, blieb auf seinen Verlusten sitzen.

Wer hingegen investiert blieb oder gar nachkaufte, erlebte im vergangenen Jahr eine freudige Überraschung: Fast alle Assetklassen, die 2022 Verluste gemacht hatten – und das waren wie gesagt eigentlich fast alle –, wiesen im Folgejahr Gewinne auf. 30-jährige deutsche Staatsanleihen plus 8 Prozent, der STOXX600 plus 17 Prozent und der S&P500 sogar plus 26 Prozent.
Da stellt sich die Frage, woher die guten Zahlen kommen und ob das so weitergehen kann. Nun, die gute Performance ist zum einen darauf zurückzuführen, dass viele einen kräftigen Anstieg der Unternehmensgewinne erwarten. Wir rechnen ebenfalls mit einem Gewinnwachstum, allerdings einem etwas moderateren, als der Markt es tut. Zudem erwartet der Markt schnellere und deutlichere Zinssenkungen seitens der Zentralbanken als wir. Hier ist also ein gewisses Enttäuschungspotential angelegt. Uns würde es nicht wundern, wenn die Aktienkurse im laufenden Jahr nur sehr moderat steigen würden.
Was heißt das für den Anleger?
Die Lektion aus den Jahren 2022 und 2023 ist, dass es sich lohnt, investiert zu bleiben, auch – oder gerade – nach Phasen mit heftigen Verlusten. Daran zu denken, könnte dieses Jahr relevant werden. Denn selbst wenn dieses Jahr die Aktienkurse im Schnitt nur moderat steigen sollten, gilt es dreierlei zu beachten. Erstens sind Aktien immer eine Langfristanlage – Zeitraum schlägt Zeitpunkt. Zweitens sollte man nicht vergessen, dass Aktienmärkte auch immer eine Option auf Innovation darstellen. Die großen US-Tech-Konzerne, angetrieben durch KI-Fantasien, haben das im letzten Jahr eindrucksvoll bewiesen. Und drittens könnte ein kräftiges Durchatmen des Marktes dieses Jahr ein durchaus attraktives Einstiegsniveaus darstellen.

Newsletter vom 24. Januar 2024

Dr. Martin Moryson – Chefvolkswirt Europa
DWS

Zum Newsletter anmelden