Die Schwäche der Glorreichen

Bis Mitte Dezember vergangenen Jahres war es richtig, auf die „magnificent seven“ zu setzen, die Aktien der großen US-Tech-Konzerne Alphabet, Apple, Amazon, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla. Doch seitdem fiel der Index der „glorreichen Sieben“ um rund 10 Prozent. Das allein wäre vielleicht noch nicht bemerkenswert. Hält man sich aber vor Augen, dass im gleichen Zeitraum Euro-STOXX-50 und DAX rund 10 Prozent steigen konnten, verdient dies Aufmerksamkeit.
Als das chinesische Unternehmen DeepSeek seine KI vorstellte, büßte das zuvor wertvollste Unternehmen der Welt, Nvidia, auf einen Schlag 600 Milliarden Dollar an Wert ein. Ein Verlust, der sich auf Millionen von Aktienanlegern weltweit verteilte, denn es gibt kaum Depots, die nicht direkt oder indirekt über ETFs und Aktienfonds in Nvidia investiert sind. Schon kleine Kratzer im Lack gefeierter Geschäftsmodelle führen zu einer Neubewertung, die Hunderte von Milliarden Dollar tiefer liegen kann. Dabei sollte klar sein: Die DeepSeek-Nachrichten bedeuten nicht, dass der Boom um die Künstliche Intelligenz geringer eingeschätzt werden sollte, ganz im Gegenteil: Wenn KI weniger Ressourcen benötigt als bisher gedacht, wird ihr Einsatz noch schneller und weitreichender erfolgen.
Prognosen über den Bedeutungszuwachs einer neuen Technologie sind oft eher zu konservativ. Die Fehler machen Anleger immer erst, wenn sie glauben, die aktuell führenden Konzerne seien „mit Sicherheit“ auch in fünf oder zehn Jahren noch die größten Gewinner der Entwicklung. 1970 glaubte man, Polaroid stehe als Gewinner fest, wenn immer mehr fotografiert werden würde, und Burroughs werde ein Sieger zunehmenden Computereinsatzes sein; 1989, dass Sony als Weltmarktführer bei Unterhaltungselektronik erfolgreiche Jahrzehnte bevorstünden, 1999, dass Nokia und Ericsson im Mobilfunk Gewinnmaschinen der kommenden Jahre sein müssten und Cisco Systems einer der wertvollsten Konzerne der Welt bleiben würde, weil das Internet weiter an Bedeutung gewinnen würde.
Immer, wenn man sich sicher war, unter den teuersten Konzernen den Hauptprofiteur einer Technologie ausgemacht zu haben, war es besser, dessen Aktien zu verkaufen, statt sie zu kaufen. Warum? Weil zu diesem Zeitpunkt die Überzeugung der meisten Marktteilnehmer in Form einer hohen Bewertungsprämie im Aktienkurs enthalten war. Und wenn das bestmögliche Szenario bereits im Aktienkurs eingepreist ist, ist eine Enttäuschung nur eine Frage der Zeit. Die Zeit sollte aber stets Verbündeter einer Strategie sein, nicht ihr Feind.

Newsletter vom 26. Februar 2025
Dirk Arning – Geschäftsführer
Investmentclub „Actien Club Coeln“
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