Ein unkontrollierter Handelskonflikt mit China sollte vermieden werden

Carsten Mumm

Die Wirtschaft in Deutschland kommt nur sehr schwerfällig voran. Sowohl die HCOB-Einkaufsmanagerindizes als auch der ifo-Geschäftsklimaindex hatten für die Industrie, den Handel und die Bauwirtschaft zuletzt erneut Rückschläge zu verzeichnen. Aufgrund des ausgeprägten Auftragsmangels wird mittlerweile Personal abgebaut und die Anzahl der Insolvenzen steigt. Immerhin sinken sowohl die Einkaufs- als auch die Verkaufspreise von Waren, wodurch der Inflationsdruck in der Eurozone weiter nachlassen sollte und der EZB bis zum Jahresende noch bis zu drei weitere Leitzinssenkungen ermöglicht werden.

Ein etwas anderes Bild zeichnet der Dienstleistungs-Sektor. Zwar befindet sich auch hier die Stimmungslage der Unternehmen auf niedrigen Niveaus, allerdings ist zumindest von einer Produktionsausweitung in den kommenden Monaten auszugehen. Beschäftigung und Preise zogen hier weiter an.

Die Konjunktur-Hoffnungen liegen vor allem auf einer erwarteten Belebung des privaten Konsums im Zuge steigender Realeinkommen. Bisher jedoch überwiegt auch bei Verbrauchern die Verunsicherung angesichts schwacher wirtschaftlicher Perspektiven und aufgrund der stark erhöhten Preisniveaus. Viele sparen, anstatt zu konsumieren.

Vor diesem Hintergrund kommt dem drohenden Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union (EU) und China eine besondere Bedeutung zu. Zweifellos subventioniert China einzelne Branchen, v.a. grüne Technologien wie die Batterie-, E-Auto- oder Solarzellenproduktion, in deutlich stärkerem Ausmaß als es in Europa der Fall ist. Nach Angaben des Kiel Institut für Weltwirtschaft erhielten im Jahr 2019 rund 99 Prozent der börsennotierten chinesischen Unternehmen Subventionen im Gesamtvolumen von 221 Mrd. Euro. Hinzu kommen Kaufprämien, ein besserer Zugang zu Rohstoffen und die Bevorzugung bei Ausschreibungen. Daher sollte die EU das laufende Anti-Korruptionsverfahren gegen China fortführen und mit den Ergebnissen in Verhandlungen eintreten, wie sie von Wirtschaftsminister Habeck bei seinem Besuch in China kürzlich angeregt wurden. Eine unkontrollierte Protektionismusspirale – China könnte auf EU-Zölle für E-Autos mit Gegenmaßnahmen bei Verbrennern und anderen Produkten, bspw. Schweinefleisch, reagieren – und damit eine übermäßige Verteuerung der grünen Transformation sollte jedoch verhindert werden. Denn gerade Deutschlands exportabhängige Wirtschaft würde darunter überproportional leiden.

Newsletter vom 3. Juli 2024

Carsten Mumm – Chefvolkswirt und
Leiter der Kapitalmarktanalyse
Privatbank Donner & Reuschel

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