If in doubt, zoom out

Unsere Wahrnehmung ist oftmals kurzfristig sehr detailliert und fokussiert – gerade wenn wir etwas konkret zählen, messen oder wiegen können. Dafür bieten gerade die Börsen eine gigantische Menge von Daten und Indikatoren, in denen man sich schnell verlieren kann. Jeder Tag, jede Stunde bringt neue Nachrichten und Messpunkte, die unser Gehirn in ein stimmiges Bild einsortieren möchte, was aber nicht immer gelingt. Und so hilft es, sich bei aufkommendem Zweifel einen besseren Überblick zu verschaffen, um das Große und Ganze nicht aus den Augen zu verlieren.

Anfang letzter Woche herrschte in Folge des „Japan Crash“ Alarmstimmung an den Börsen weltweit. Die Panikwelle rollte von Asien am Morgen nach Europa und erreichte am Nachmittag die USA, wo lautstarke Stimmen eine sofortige Zinssenkung der Notenbank als Notmaßnahme forderten. Doch noch innerhalb der Handelssession drehten die Kurse von ihren Tagestiefs und der Nikkei 225 verzeichnete am nächsten Tag den prozentual drittgrößten Zuwachs seiner fast 40-jährigen Geschichte. Auch die anderen Märkte relativierten die teils massiven Einbrüche schnell.

Beim DAX, dem ich vor zwei Wochen noch ein 1.000 Punkte komfortables Sicherheitsnetz attestiert hatte, ging es zeitweise beängstigend in Richtung der Marke von 17.000, doch bei den Schlusskursen fand sich ein Boden nahezu exakt auf der 200-Tage-Linie. Vom bisherigen Rekordhoch aus Mitte Mai ging es bis zu 10 Prozent abwärts, was aber auch erst die halbe Strecke eines „echten“ Crashs wäre. Heute notieren wir weniger als 5% unter dem Top von vor drei Monaten und knapp 7 Prozent über dem Jahresschluss 2023.

Wer die bisherige langfristige Rendite der Aktienmärkte von ca. 8 Prozent pro Jahr vor Augen hat weiß, dass diese Werte nur durch phasenweise Über- und Untertreibung der Märkte zustande kommen. Der angenehme Weg zu diesem Durchschnitt erfolgt über kurze Sprints, moderate Korrekturen und Seitwärtsphasen. An hektischen Tagen werden bei vorsichtigen Anlegern die Stopp-Loss-Limits ausgelöst und es stellt sich die schwierige Frage nach dem Wiedereinstieg. Optimistische Anleger erkennen seltene Gelegenheiten und junge Menschen mit langem Zeithorizont nutzen per Sparplan den Cost-Average-Effekt für den Vermögensaufbau. Seien Sie sich gewiss: In 20 Jahren interessiert sich niemand mehr für Tages-, Wochen- oder Monatscharts!

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Newsletter vom 14. August 2024

Thomas Strelow, Börse Düsseldorf

Foto Thomas Strelow

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