Morgens halb Zehn in Deutschland

Gestern war es soweit: Erstmals hat der DAX die Marke von 20.000 Punkten durchbrochen! Ein Meilenstein im 37. Jahr des deutschen Leitindex. Zur unspektakulären Uhrzeit eines biederen Werbeslogans ging es über die psychologisch große Schwelle und nach nur 30 Minuten schien der Zauber wieder verflogen – bis dann in der letzten halben Handelsstunde der Kurs nochmal anstieg und bei 20.016,75 schloss.

Erlauben Sie mir dazu eine kurze persönliche Anekdote: Genau vor 10 Jahren habe ich meine Stelle bei der Börse Düsseldorf angetreten. Damals gab es noch regelmäßig Besuchergruppen, die ich später selbst übernehmen sollte, und ich begleitete in meinen ersten Tagen einen solchen Vortrag, gehalten vom damaligen Geschäftsführer. In seinen Erläuterungen zum in den Medien geläufigen DAX versprach er prophetisch: „Der DAX wird auf 20.000 Punkten steigen! Ich kann Ihnen nur noch nicht genau sagen wann.“ Ich war erstaunt, weil solche reißerischen Aussagen so gar nicht zu seinem Stil und dem einer neuralen Börse zu passen schienen. Und die eigentliche Lektion war, dass das deutsche Börsen-Barometer ein Performance-Index sei, also die ausgeschütteten Dividenden in den Punktestand eingerechnet werden.

Der DAX hatte am 5. Juni 2014 erstmalig die 10.000 Punkte erreicht. Bis zur initialen Verdopplung hat es also 10 Jahre und 5 Monate gedauert. (Dass er die Marke im März 2020 nochmal von oben durchbrach, ist eine andere Geschichte.) Für die Strecke von 5.000 auf 10.000 brauchte es etwas länger als 9 Jahre. Der für einen internationalen Vergleich besser passende reine DAX-Kursindex markierte gestern auch ein Rekordhoch, allerdings nur bei 7.698 Punkten. Auch die US-Börsen tanzen dieser Tage um ihre Gipfel und das Jahr 2024 dürfte als überdurchschnittliches in die Annalen eingehen, denn nur mathematisch legt der DAX jährlich um 8,4 Prozent zu.

Die langfristig positive Entwicklung der Märkte verläuft in der Praxis äußerst wechselhaft und ist getrieben von einem komplexen, nicht immer logischen Zusammenspiel aus Nachrichten, Kennzahlen und Stimmungen rund um den Globus. Das macht Börse für mich, mehr als 28 Jahre nach meinem ersten Aktienkauf, unverändert spannend und ich freue mich auf die 40.000 Punkte. Nicht unbedingt wieder morgens um halb Zehn, aber vielleicht wieder in ungefähr 10 Jahren? Jedenfalls hoffentlich noch vor der Rente!

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Newsletter vom 4. Dezember 2024

Thomas Strelow, Börse Düsseldorf

Foto Thomas Strelow

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