Börsen-Unwort 2006: „Börsen-Guru“

  • Zum 6. Mal haben die Skontroführer, Wertpapierhändler und Analysten an der Börse Düsseldorf das Börsen-Unwort des Jahres gewählt – für 2006 lautet es: Börsen-Guru.

19.01.2007 – Für die Wahl werden zwei Gründe angeführt: Erstens ist der Begriff an sich irreführend, da es an der Börse prinzipiell keine Gurus geben kann. Im ursprünglichen Wortsinn, begründet in der hinduistischen Lehre, wirken Gurus als allwissende Propheten, die zu mehr Erleuchtung führen sollen – das widerspricht dem Wesen der Börse.

Zweitens hat das Wort durch die selbst ernannten Börsen-Gurus eine negative Bedeutung bekommen: Bereits in Zeiten des Neuen Marktes waren sie unterwegs und versprachen ahnungslosen und leichtgläubigen Privatanlegern die tollsten Gewinne. Mit der jüngsten positiven Börsenentwicklung sind sie wieder aufgetaucht und verbreiten ihre „Weisheiten“ in Vorträgen, Fernsehsendungen und Börsenbriefen. Die Vorgehensweise ist manchmal erstaunlich einfach: Der „Guru“ pickt sich einige kleine und unbekannte Werte heraus und gibt hierfür Kaufempfehlungen an seine Anhänger. Der Erfolg stellt sich dann schnell ein, weil bei solchen Penny-Stocks bereits vergleichsweise wenige Orders ausreichen, um den Kurs deutlich nach oben zu bewegen. Der „Guru“ arbeitet dabei natürlich nicht selbstlos: Er verdient an kostenpflichtigen Newslettern, Seminaren, Hotlines und nicht zuletzt vermutlich auch an der Kurssteigerung.

Die Gefahr für den Privatanleger ist, dass er völlig unkritisch den sich selbst erfüllenden Prophezeiungen glaubt, Investitions-entscheidungen nicht hinterfragt oder vergleicht, und er letztlich mit seinem eigenen Geld vor allem den Gewinn des „Gurus“ vermehrt. Irgendwann kommt dann das böse Erwachen, wenn ein heisser Tipp nicht eintrifft und der Anleger sein Geld verliert. Die Börse Düsseldorf rät daher dringend, allen Empfehlungen von solchen „Gurus“ mit großer Vorsicht zu begegnen, sich selbst zu informieren und sich vor allem eine eigene Meinung zu bilden, warum man in welches Unternehmen investieren möchte. Das „Börsen-Unwort des Jahres“ wird von der Börse Düsseldorf in Anlehnung an die sprachkritische Aktion des Frankfurter Germanisten Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser ermittelt und gemeinsam mit ihm veröffentlicht.

Bisherige Börsen-Unwörter:

  • 2005: „Heuschrecken“
  • 2004: „Seitwärtsbewegung“
  • 2003: „Bester Preis“
  • 2002: „Enronitis“
  • 2001: „Gewinnwarnung“